Und kann trotzdem sehr effizient zu tragenden Veränderungen führen!

Die Überschrift klingt wie der Killer für jede und jeden systemischen Berater bzw. Beraterin. Es ist aber ein Faktum: soziale System ändern sich in der Regel durch Ereignisse, Handlungen, Beziehungen – und nicht durch Beratung. Veränderung im sozialen System wird sichtbar durch ein anderes Verhalten, durch eine andere Art, über Dinge zu reden, durch veränderte Gruppen- und Allianzenbildung.
Diese Veränderungsprozesse sind erstmal schmerzhaft – umso mehr, wenn sie völlig unreflektiert stattfinden und jede:r im Angesicht der „drohenden“ Veränderung zum/zur Einzelkämpfer:in wird, die Flucht erwägt oder sich schlicht „tot“ stellt. Übrigens die klassischen 3 Reaktionsmuster auf Druck und Stress von außen: Freeze – Fight – Flight. Je nach Typ und Situation greift man also entweder zur Hellebarde – Fight!, nimmt die Beine in die Hand – Flight!, oder steckt den Kopf in den Sand – Freeze! Jede der drei Strategien zielt darauf, das Unbekannt von mir fern zu halten – mit sehr unterschiedlichen Formen von Misserfolg!
Tatsächlich wirksamstes Mittel gegen das Unbekannte – ist INFORMATION! Neue Informationen, die das bewährte Altbekannte ergänzen, erweitern, vielleicht sogar ersetzen. Informationen, die einladen, die Sichtweise zu weiten, die im besten Fall den Blick auf die Welt weiter, größer machen. Nur, wenn ich, Du, das soziale System diese Informationen ausreichend (!) zur Verfügung hat, können neue EINSICHTEN entstehen, die uns besser befähigen, mit der neuen Herausforderung umzugehen.
Systemische Beratung weiß um die Notwendigkeit von klaren Informationen – und setzt mit ihren Interventionen häufig genau da an: alle am System Beteiligten werden eingebunden, schaffen gemeinsam Transparenz, die Absichten, Erwartungen, auch die Ängste und Vorbehalte werden auf den Tisch gelegt und sowohl individuell als auch gemeinsam reflektiert. Das schafft Klarheit anstelle von Annahmen, Transparenz anstelle von Gerüchten – und sendet die Botschaft an jede und jeden Beteiligten: Du wirst gesehen, Deine Sichtweise ist wichtig.
Transparenz braucht Zeit, die neuen Infos müssen „einsickern“, die Menschen müssen mit dem Neuen vertraut werden – nur so verliert es die Bedrohlichkeit. Vielleicht braucht es dafür 3, sogar mal 4 Schleifen. Vielleicht mal ein intensives Gespräch zu zweit, mal einen gemeinsamen Brainstorm in der Gruppe, vielleicht eine individuelle Reflexion im eigenen Tagebuch. Systemische Berater:innen zeigen alternative Wege der konstruktiven Auseinandersetzung mit dem Neuen an, haben dabei immer im Blick, wie es den Beteiligten geht, ob sie noch zu weiteren Schritten bereit sind oder eine Verschnaufpause brauchen.
Damit erleichtert die systemische Beratung den Umgang mit Veränderung. Und manchmal – auch oft – macht sie den Umgang damit erst möglich.
PS Woran merke ich als Beraterin,
dass ein Team, eine Gruppe von Menschen oder eine einzelne Person auf einen konstruktiven Weg der Veränderung einschwenkt? Das merke ich sehr klar und unmittelbar: der Druck hebt sich, die Blicke werden offener, auf einmal ist wieder Energie im Raum. Es tut wohl – den Beratenen ebenso wie der Beraterin!
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